Einst erschien jährlich zur Fronleichnamsprozession in Hainburg ein eisernes Tor im Felsspalt beim Röthelstein. Ein schauriges Gerippe mit einem Helm auf dem Schädel und einem Buch in den Händen durchschritt den Burghof und betrat die Felsenhöhle. Wer in sein Knochenantlitz schaute, musste sterben, aber wer es wagte, dem Geist in die Höhle zu folgen, fand einen unermesslichen Schatz. Aber er durfte nicht länger verweilen, als ein Vater Unser dauerte, denn mit dem Amen schloss sich das Tor wieder und die Geister raubten seine Seele. Nur Kindern wurde nichts angetan werden.
Als die Prozession wieder durch Hainburg zog, kam eine arme Frau mit ihrem Kind am Tor vorbei. Sie wusste von den Schätzen und weil sie in großer Not war, betrat sie die Höhle, setzte ihr Kind auf den Boden und nahm so viele Schätze, wie sie konnte. Das Amen jedoch überhörte sie und das Tor begann sich zu schließen. In letzter Sekunde konnte sie flüchten, aber ihr Kind hatte sie vor Schreck zurück gelassen. Sie schrie und schlug gegen den Stein, aber es war zu spät. Die Trauer war übermächtig und sie hatte nur ein Ziel: ihr Kind zu holen und zu begraben. Im nächsten Jahr wartete sie auf das Öffnen des Tores und schlüpfte in die Höhle, sobald der Geist verschwunden war. Dort fand sie ihr Kind mit Edelsteinen spielend vor. Überglücklich nahm es die Mutter auf den Arm und lief ungeachtet der Reichtümer, die herumlagen, mit dem Kind nach Hause.